Erhöhung Referenzzinssatz und Auswirkungen auf Mietende
15.06.2023
Autor/-in
Cyrill Lanz
Kategorien
- Markt
- Mieten
- Vermieten
Erstmals seit der Einführung im Jahr 2008 ist per 01. Juni 2023 der Referenzzinssatz von 1.25 auf 1.5 Prozent gestiegen. Dies hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) mitgeteilt. Der Referenzzinssatz ist ein wichtiger Bestandteil bei der Berechnung der Mieten von laufenden Verträgen.
Was ist der Referenzzinssatz?
Um die Auswirkungen der Erhöhung des Referenzzinssatzes besser zu verstehen, ist es wichtig zu verstehen, was genau der Referenzzinssatz ist und wie er sich bildet.
Definition
Ein Referenzzinssatz ist ein durchschnittlicher Zinssatz, mit welchem in der Schweiz Hypotheken verzinst werden. Dieser wird vierteljährlich vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) neu festgesetzt. Als Basis des Referenzzinssatzes dient der hypothekarische Durchschnittszinssatz sämtlicher Banken.
Hintergrund
Bei der Ermittlung eines Mietzinses auf Häuser und Wohnungen wird seit dem 10. September 2008 nicht mehr der Hypothekarzinssatz der regionalen Kantonalbanken, sondern der vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) definierte Referenzzinssatz angewendet. Dieser wird aus einem Durchschnittszinssatz sämtlicher in der Schweiz vergebenen Hypotheken (Variable- und Festhypotheken) ermittelt. Das heisst, die Entwicklung des Referenzzinssatzes «hinkt» im Vergleich zu den aktuellen Marktzinsen immer etwas hinterher.
Entwicklung des Referenzzinssatzes
Seit der Einführung im Jahr 2008 ist der Referenzzinssatz permanent gesunken. Im Jahre 2008 lag er noch bei 3.5 Prozent und ab dem Jahr 2020 nur noch 1.25 Prozent. Der erste Anstieg seit der Einführung im Jahr 2008, nämlich von 1.25 auf 1.5 Prozent, ist per 01. Juni 2023 erfolgt.
Was sind die Auswirkungen des Anstiegs auf 1.5 Prozent?
Ein Anstieg des Referenzzinssatzes um 0.25 Prozent bedeutet, dass die Mieten der bestehenden Verträge um drei Prozent erhöht werden können. Jedoch gibt es diesbezügliche Einschränkungen, denn es dürfen nur diejenigen Mieten erhöht werden, welche auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1.25 Prozent beruhen. Dies bedeutet: Nur jene Hauseigentümerinnen und -eigentümer dürfen die Mieten erhöhen, welche in den vergangenen Jahren auch die Senkungen des Referenzzinssatzes an die Mietenden weitergegeben haben.
Aus welchen Gründen können die Mieten auch noch erhöht werden?
Wenn Vermieterinnen und Vermieter die Mietzinserhöhung aufgrund des gestiegenen Referenzzinssatzes mitteilen, werden vermutlich auch weitere allgemeine Kostensteigerungen geltend gemacht.
Mögliche Kostenveränderungen ergeben sich aus den allgemeinen Unterhalts- und Betriebskosten sowie den Gebühren und Abgaben. Im Streitfall hat diejenige Partei eine Veränderung solcher Kosten zu beweisen, welche mit diesem Argument eine Mietzinsanpassung verlangen oder verhindern will. Meist ist dies die Vermieterin oder der Vermieter. Entsprechende Verfahren erweisen sich oft als aufwendig.
Grundsätzlich muss die Vermieterin oder der Vermieter eine genaue Vergleichsrechnung vorlegen, welche die Höhe der Unterhaltskosten in den letzten drei Jahren und in der Dreijahresperiode vor der letzten Mietzinsfestsetzung aufzeigt. Da dies äusserst aufwändig ist, lassen viele Schlichtungsbehörden meistens Pauschalen zu, jedenfalls solange, wie sich die Mietenden nicht dagegen zur Wehr setzen.
Beispielsweise rechnen die Schlichtungsbehörden im Kanton Zürich mit Kostenpauschalen zwischen 0 und 1 %. Das wichtigste Kriterium ist dabei, ob neben dem Nettomietzins viele Nebenkosten zu bezahlen sind oder nicht. Eine wesentliche Rolle spielt auch das aktuelle Ausmass der Teuerung.
Wann können die Mieten erhöht werden?
In den vergangenen Tagen sind bereits die ersten Ankündigungen zur Mietzinserhöhung bei den Mietenden eingetroffen.
Die Mieten können unter Einhaltung der Kündigungsfrist (mindestens 3 Monate bei Wohnungen) auf den nächsten Kündigungstermin erhöht werden.
Kündigungstermine sind entweder auf Ende eines jeden Monats (ausser Ende Dezember) oder ortsübliche Termine (Ende März, Juni und September). Dies bedeutet, dass die meisten Erhöhungen der Mieten per 1. Oktober 2023 umgesetzt werden könnten.
Aufgepasst
Das Mietzinserhöhungsformular muss zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist bei der Mietpartei eintreffen. Bei eingeschriebener Erhöhungsmitteilung zählt der Tag, an welchem die Mietparteien die Mitteilung auf der Post abholen. Wird sie nicht abgeholt, so gilt sie am letzten Tag der von der Post gesetzten Abholfrist als zugestellt.
Was ist zu beachten bei der Mietzinserhöhung?
Das Mietrecht ist sehr formell und dies trifft auch auf die Mitteilung einer Mietzinserhöhung zu. Vermietende müssen den Mietparteien eine Mietzinserhöhung auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen.
Diese Formularmitteilung muss (zwingend) folgende Angaben enthalten
- Bisheriger und neuer Mietzins (und Nebenkosten)
- Zeitpunkt, auf welchen die Erhöhung in Kraft treten soll
- Begründung für die Erhöhung (bei mehreren Erhöhungsgründen einzeln aufgeführt und beziffert). Diese können auch in einem Begleitschreiben näher erläutert sein
- Den Hinweis auf die Anfechtungsmöglichkeit bei der Schlichtungsbehörde
Beispielberechnung einer Mietzinserhöhung
In der nachfolgenden Beispielberechnung wird die Mietzinsanpassungen bei einem laufenden und unbefristeten Mietverhältnis berechnet, und zwar aufgrund der Veränderung folgender Kostenfaktoren:
- Hypothekarischer Referenzzinssatz
- Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals (= 40 % der Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise)
- Allgemeine Kostensteigerungen (Betriebs- und Unterhaltskostenteuerung)
Berechnungsergebnis bezogen auf den 6. Juni 2023 für die Ortschaft 8400 Winterthur im Kanton ZH.
Am Beispiel ist klar ersichtlich, dass die Mietzinsanpassung in diesem Fall ca. 7 % beträgt.
Ausblick
Das Mietrecht ist sehr formell und dies trifft auch auf die Mitteilung einer Mietzinserhöhung zu. Der Durchschnittszins, auf welchen sich der Referenzzinssatz stützt, betrug am Stichtag vom 31. März 2023 laut Publikation des Bundesamtes für Statistik 1.44 Prozent. Dadurch ist der hypothekarische Referenzzinssatz zum ersten Mal seit seiner Entstehung auf 1.5 Prozent gestiegen.
Die Expertinnen und Experten sind sich jedoch uneinig, wie viele Erhöhungsschritte es in den kommenden Monaten und Jahren noch geben wird.
Die künftige Entwicklung des Referenzzinssatzes ist stark abhängig von der konjunkturellen Entwicklung und deshalb mit grosser Unsicherheit behaftet. Die Bandbreite der weiteren Referenzzinssatzschritte auf Basis der vorstellbaren wirtschaftlichen Entwicklungen geht folglich sehr stark auseinander.
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